ÖGB Frauen-frauenpolitische Pressemeldungen

 1.    News vom 3. April 2014

Wie frauenfeindlich ist meine Firma?

Der NEWS-Check. Was die Behandlung von Mitarbeiterinnen betrifft, gibt es in Österreich fünf Typen von Unternehmen. Wirkliche Gleichbehandlung ist dabei aber kaum zu finden.
Frauen in der Chefetage sind in heimischen Unternehmen nach wie vor die Ausnahme. In den Top 200 Unternehmen des Landes stehen ganze sechs Frauen an der Spitze. Ein Bild, das sich auch in Aufsichtsräten und in Vorständen zeigt.
Jede zweite Frau wäre bereit, die Karriereleiter hochzuklettern. Dies erweist sich jedoch oft als schwieriges Unterfangen.
Karrierebremse Arbeitgeber.
An erster Stelle der Aufstiegsverhinderer steht der Arbeitgeber selbst. Firmeninterne Strukturen und Vorgesetzte stehen der Karriere von Mitarbeiterinnen oft im Wege. „Es gibt nach wie vor eine gläserne Decke, die verhindert, dass Frauen in den Vorstand aufsteigen“, so Christina Wieser, Betriebswirtin der Arbeiterkammer Wien.
Es macht jedoch einen großen Unterschied, in welchem Unternehmenstyp man beschäftigt ist. Strebt man eine Führungsposition in einem großen internationalen Unternehmen an, hat man oft bessere Karten als bei einem österreichischen Traditionsunternehmen. „Gender Diversity” gehört zum Firmengrundsatz der Global Player und erleichtert den Aufstieg in höhere Positionen.
Das gleiche gilt für staatsnahe Unternehmen in Österreich. Nach dem Regierungsbeschluss über die Selbstverpflichtung für Unternehmen mit einem Bundesanteil von 50 Prozent stieg der Frauenanteil in deren Aufsichtsräten im letzten Jahr auf 36 Prozent.
Der Frauenanteil in den Vorständen der heimischen Börsenunternehmen liegt laut dem „Frauen Management Report 2014“ der AK Wien bei mageren 3,1 Prozent. Deren Aufsichtsräte sind nur zu 12 Prozent weiblich besetzt. Österreichs ATX-Unternehmen bleiben damit deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 17 Prozent, eine Weiterentwicklung gab es in den letzten Jahren nicht.
Familie und Selbstzweifel.
Ein Mangel an Kinderbetreuungsplätzen erweist sich für viele Frauen als großes Hindernis auf dem Weg nach oben. Jede fünfte Frau nennt familiäre Gründe als Aufstiegsblocker. Für Kinder und pflegebedürftige Angehörige werden Karrierepläne oft zurückgestellt.
Doch Frauen werden auf ihrem Weg nach oben nicht nur von äußeren Umständen gebremst. Oft mangelt es am nötigen Selbstbewusstsein. Trotz bester Ausbildung haben Frauen oft weniger Selbstvertrauen als ihre männlichen Kollegen. Mit Zielstrebigkeit und Karrierebewusstsein können sie jedoch trotz schwieriger Rahmenbedingungen ihren Weg in die Chefetage finden.
Frauenquoten als Lösung?
Die Einführung von gesetzlichen Frauenquoten hat in zahlreichen europäischen Ländern zu einem deutlichen Anstieg von weiblichen Führungskräften geführt. Island hat seinen Frauenanteil auf 49 Prozent erhöht. Frankreich liegt bei einer Quote von 27 Prozent, und auch Deutschland will den Frauenanteil bei börsennotierten Unternehmen ab 2016 auf 30 Prozent heben. In Italien drohen bei einer Verfehlung der Zielvorgabe Strafen bis zu einer Million Euro oder die Auflösung des Aufsichtsrats.
Hierzulande setzt die Regierung auch weiterhin auf Freiwilligkeit und Selbstverpflichtung. „Freiwillige Maßnahmen werden nicht beherzigt. Es braucht ein Gesetz, an dem sich Unternehmen messen können. Auch Sanktionen bei Nichteinhaltung wären wichtig“, weiß die AK-Expertin. Börsenotierte Unternehmen bekennen sich zwar zu den Richtlinien im Corporate Governance Kodex, was jedoch keine Sanktionen zur Folge hat, wenn die Quote nicht erfüllt wird.
In der Privatwirtschaft mit Klein- und Mittelbetrieben wäre eine fixe Frauenquote allerdings nur schwer zu erfüllen.
Mentorenprogramme und Frauen-Netzwerke helfen als flankierende Maßnahmen, um die Karrieren von Frauen zu fördern. Der Weg zur beruflichen Gleichstellung ist jedoch noch weit.
Bild: Frauenanteil. In der Führungsebene von Österreichs Unternehmen
sind Frauen eine Seltenheit. Der EU-Schnitt von 17 Prozent wird
klar verfehlt.

2. News vom 3. April 2014

Typologie der österreichischen Unternehmen
In welchen Firmen Frauen keine Chance haben
1. Der Global Player – internationale Unternehmen in Österreich. Wer Karriere machen will, ist in einem großen internationalen Unternehmen richtig. Gender Diversity gehört zum Firmengrundsatz, das Geschlecht der Mitarbeiter spielt bei Beförderungen und der Besetzung von Führungspositionen keine ausschlaggebende Rolle. Frauen können hier schnell aufsteigen. Was zählt, ist die Qualifikation. Die Teams sind hoch motiviert, es wird allerdings eine hohe Einsatzbereitschaft gefordert.
Die Familienplanung kann einem jedoch einen Strich durch die Rechnung machen. Die Karenzzeit unterbricht den Aufstieg. Teilzeitjobs sind rar und enden meist in der Sackgasse.
2. Die österreichische Aktiengesellschaft. Trotz Bekenntnis zu den Richtlinien im Corporate Governance Kodex finden sich nur sehr wenige Frauen in den Führungsgremien der börsenotierten Unternehmen. In den Vorständen liegt der Frauenanteil bei 3,1 Prozent. Im Aufsichtsrat bei 12,0 Prozent. Auch freiwillige Initiativen konnten die Quoten nicht erhöhen. Der Frauenanteil in Führungspositionen ist sogar rückläufig. Der Mangel an weiblichen Führungskräften findet sich in allen Sektoren wie Handel, Industrie, Dienstleistung und Finanz.
AGs sind kein guter Boden für Karrieren, denn hier dominieren die Männer. Nur eine gesetzlich verankerte Gleichstellung von Männern und Frauen könnte daran etwas ändern. Auch mit guter Qualifikation und Einsatz tritt man hier auf der Stelle. Den Weg an die Spitze haben derzeit nur sechs Frauen in Österreich geschafft. Dass es zu wenige Bewerberinnen gäbe, wird durch den hohen Frauenanteil in den staatsnahen Unternehmen widerlegt.
3. Die staatsnahen Firmen. Im März 2011 wurde eine Frauenquote in den Aufsichtsräten von staatsnahen Unternehmen eingeführt. Diese 55 Firmen, an denen der Bund einen Anteil von 50 Prozent oder mehr hält, haben im Vorjahr einen durchschnittlichen Frauenanteil von 36 Prozent erreicht. Unter den 290 Aufsichtsratsmitgliedern befinden sich 105 Frauen. Bei 22 Unternehmen liegt die Frauenquote über 50 Prozent.
Frauen in Führungspositionen sind willkommen. Wer einen Karriereplan hat, kommt schnell vorwärts. Gute Qualifikation und Weiterbildung ebnen den Weg an die Spitze.
4. Die Traditionsbetriebe. Hier sitzen meist ältere Herren an den Schlüsselpositionen. Konservative Wertvorstellungen können sich als unüberwindliche Schranken für den Aufstieg erweisen. Frauen, die dem traditionellen Rollenbild den Rücken kehren, sind nicht gerne gesehen. Weibliche Mitarbeiter haben so gut wie keine Chance, in die Führungsebene aufzusteigen.
Meist werden diese Unternehmen von Patriarchen geführt und von deren Söhnen übernommen. Wer hier Karriere machen will, lässt sich auf einen unaufhörlichen Kampf gegen Vorurteile ein. Nur sehr wenige Chefs sind dazu bereit, Frauen zu fördern. Ein Wiedereinstieg nach der Karenzzeit ist so gut wie ausgeschlossen.
Unter jüngerer Führung gehört die Frauenförderung zur Unternehmenskultur. Doch auch direkte Vorgesetzte in der mittleren Ebene können die Karriere bremsen.
5. Der Mittelstand. In den heimischen Klein- und Mittelbetrieben sind rund zwei Millionen Menschen beschäftigt. Damit sind die KMU der größte Arbeitgeber Österreichs. 3,7 Prozent der heimischen Beschäftigten arbeiten in einem Kleinbetrieb mit 10 bis 49 Mitarbeitern, 23,9 Prozent in Mittelbetrieben mit 50 bis 249 Mitarbeitern. Eine fixe Frauenquote ist von den Klein- und Mittelbetrieben nur sehr schwer zu erfüllen. Es ist jedoch für Frauen möglich, Karriere zu machen.
Die Kinderbetreuung kann hier zum Problem werden, denn Betriebskindergärten gibt es nicht. Die Arbeitgeber fürchten bei jungen Frauen lange Ausfallzeiten durch die Familienplanung. Wer aber nach der Karenzzeit seine Karriere fortsetzen will, hat gute Aussichten.
Auch wer seine eigene Firma gründen möchte, hat gute Chancen. Bei den Unternehmensgründungen 2013 liegt der Frauenanteil bei 58 Prozent.